TUM 1900

150 Jahre Geographie in München

Anthropogeographie am Geographischen Insitut (TUM)

Münchens ältester geographischer Lehrstuhl

1873 und damit nur fünf Jahre nach Gründung der Technischen Universität München (TUM), wurde der erste Lehrstuhl für Geographie in München eingerichtet. Hermann Guthe verstarb jedoch tragischweise bereits wenige Monate nach seiner Berufung. Zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der ersten Jahre zählt Friedrich Ratzel, der den Lehrstuhl ab 1879 innehatte, ehe er 1886 dem Ruf nach Leipzig folgte. Ratzel gilt als Begründer der Anthropogeographie, des Diffusionismus, der Politischen Geographie sowie der Geopolitik.

Über die Fachgrenzen hinaus ist er aber auch für die Prägung des Lebensraum Begriffs bekannt. Zu seinen bekannteren Schülern zählt auch Karl Haushofer, der ab 1919 als Privatdozent an der LMU lehrte. Ratzels Nachfolge trat mit Siegmund Günther ein Vertreter der physischen Geographie an, womit der gelernte Mathematiker und Physiker eine Ausnahmestellung in der sonst stark anthropogeographisch geprägten Geschichte des Instituts inne hat.

Die Münchner Schule der Sozialgeographie

1931 trat Wilhelm Credner die Nachfolge des emerierten G. Greif (1919-1931) am Lehrstuhl an. 1948 folgte Credner den Ruf an die LMU. Dort sollte er einen neuen Lehrstuhl für Wirtschaftsgeographie an der Staatswissenschaftlichen Fakultät einrichten. Auch wenn dadurch Credner der Nachwelt in erster Linie als Wirtschaftsgeograph im Gedächtnis blieb, war er ebenfalls ein ausgewiesener Experte für den (südost-) asiatischen Raum und veröffentlichte zu dieser Region auch eine große Zahl von Schriften.

Mit Wolfgang Hartke (1952 - 1975), der gemeinhin als einer der Mitbegründer der Sozialgeographie im deutschen Raum gilt, folgte ihm einer der herausragenden Persönlichkeiten der deutschen Anthropogeographie. Sein Indikatorenansatz sollte in Verbindung mit dem funktionalistischen Ansatz des Wiener Geographen Hans Bobek die konzeptionelle Grundlage der Münchner Schule der Sozialgeographie bilden und die Geographie als sozialwissenschaftliche Disziplin nachhaltig prägen.

Eine Ära endet, eine Neue beginnt

Der Münchner Schule wird neben dem Wirtschaftsgeographen Karl Ruppert auch Hartkes Nachfolger Günter Heinritz (1975-2006) zugeordnet. Auch unter Heinritz bleibt das Institut eine Anlaufstelle für eine soziale Anthropogeographie, die sich der Erforschung von Städten und Regionen gleichsam widmet. In diese Zeit sollte jedoch auch eine institutionelle Zäsur fallen. 2002 wechselt das Geographische Institut von der TUM an die LMU, fünf Jahre später erfolgt schließlich die Gründung des Department für Geographie. Mit Claudia Binder (2011-2016) folgte eine inhaltliche Erweiterung hin zu Mensch-Umwelt Beziehungen. Mit ihrem Nachfolger Matthias Garschagen wird seit 2019 der asiatische Raum wie einst bei Credner wieder zum regionalen Schwerpunkt. Die Sozialgeographie wird unter Henrike Rau mit dem Schwerpunkt Nachhaltigkeitsforschung fortgeführt.