Angesichts der zunehmenden Dringlichkeit, die globalen Klimaziele zu erreichen, betont ein neuer Kommentar in Nature Sustainability die Notwendigkeit, die unterschiedlichen Ansätze von Ländern und globalen Modellen bei der Bilanzierung von CO2-Emissionen und CO2-Senken durch Landnutzung in Einklang zu bringen. Die von Giacomo Grassi geleitete und unter anderem von Julia Pongratz und Clemens Schwingshackl von der LMU mitverfasste Studie identifiziert eine jährliche Diskrepanz von 7 Milliarden Tonnen CO2 zwischen nationalen Treibhausgasinventaren und globalen wissenschaftlichen Modellen – das entspricht etwa 20 % der weltweiten fossilen CO2-Emissionen. Diese Abweichung resultiert aus unterschiedlichen Definitionen dessen, was als anthropogene Landnutzungsänderung gilt, und hat erhebliche Auswirkungen auf die Bewertung des Fortschritts im Rahmen des Pariser Abkommens.
Globale Modelle, die für die Entwicklung von Dekarbonisierungsszenarien verwendet werden, berücksichtigen in der Regel nur direkte menschlich verursachte Effekte wie Abholzung, Wiederaufforstung und andere anthropogene Landnutzungsänderungen. Nationale Inventare hingegen erfassen oft auch indirekte Effekte – wie die CO2-Aufnahme durch erhöhte atmosphärische Konzentrationen oder Düngungseffekte durch Stickstoffeinträge – sowie natürliche Variabilitäten durch Klimaereignisse wie Dürren und Waldbrände. Zusätzlich stützen sich Inventare auf das Konzept des „bewirtschafteten Landes“ als Proxy für menschlichen Einfluss. Was jedoch als „bewirtschaftet“ gilt, variiert stark zwischen den Ländern: Einige – darunter große, waldreiche Nationen – klassifizieren nahezu das gesamte Land als bewirtschaftet, während andere Länder große Flächen ausschließen. Diese Inkonsistenz führt dazu, dass Inventare mehr CO2-Entnahmen menschlichem Handeln zuschreiben als globale Modelle.
Die Studie skizziert einen Weg nach vorn: eine engere Integration zwischen globaler Modellierung, nationaler Berichterstattung und Erdbeobachtungen. Durch die Entwicklung von Methoden, um die verschiedenen Methoden ineinader zu "übersetzen", und verbesserte Datentransparenz können Länder ihre Klimamaßnahmen besser mit dem wissenschaftlichen Verständnis des Kohlenstoffkreislaufs in Einklang bringen. „Diese Lücke zu überbrücken ist entscheidend“, sagt Julia Pongratz, „wenn wir Klimaschutzmaßnahmen fair bewerten und die Temperaturziele des Pariser Abkommens erreichen wollen.“